OH YEAH… Es war 2008, als ich mich entschied die Idee zum Film Oh Yeah, She Performs! in Angriff zu nehmen. Rar waren die weiblichen Acts während meiner langjährigen Arbeit beim Radio. Arm waren die Charts an Hits, die von Frauen geschrieben oder performt wurden. Gerade mal Björk oder PJ Harvey brachen in den männlich besetzten Rock ‘n’ Roll ein. Und schon gar keine Österreicherinnen tauchten auf. Um die Jahrtausendwende erschienen nach und nach auch hierzulande vermehrt junge Frauen auf der musikalischen Bildfläche, die mit Self-Empowerment in Eigenregie Texte, Songs, Komposition und Produktion übernahmen und live auftraten. Gustav und Clara Luzia gehörten da zu den Vorreiterrinnen. Ich fand dennoch, sie seien immer noch viel zu unbekannt und begann mit Co-Autorin Veronika Weidinger die weibliche Musikszene zu erforschen. Wir trafen über 20 ausgewählte Musikerinnen zum Interview aus den Bereichen Indie bis Mainstream. Wir sammelten Erfahrungswerte, befassten uns mit Herstory im Gegensatz zu History. Bald stellten wir fest, dass es in Österreich außer vielleicht Erika Pluhar oder Steffi Werger kaum erfolgreiche Vorreiterinnen gab für das, was eigenständige Musikerinnen heute umsetzen.
2010 begannen die Dreharbeiten zu Oh Yeah, She Performs! mit Gustav, Clara Luzia und Teresa Rotschopf von der Band Bunny Lake. Vera Kropf von Luise Pop kam später noch hinzu. Diese vier machen nun als Einzelkünstlerinnen und im Kollektiv diesen Film für mich zu einer Herzensangelegenheit.
Es war faszinierend, das Entstehen ihrer Werke begleiten zu dürfen und die vier Performerinnen von ihrer verwundbarsten und extrovertiertesten Seite kennenzulernen. Fast zwei Jahre lang trafen wir uns in unregelmäßigen Abständen immer wieder zu Dreharbeiten in Österreich und rund um den Globus, um uns dann wieder einige Wochen nicht zu hören oder zu sehen. Platten wurden aufgenommen und veröffentlicht, Solokarrieren gestartet, Babys geboren, Touren gestartet und wieder heimgebracht… Die Protagonistinnen und ihre Bands ließen uns immer näher an sich heran.
Highlight war für mich die Arbeit an der Aaton Super 16 Kamera, die ich bei Konzerten und besonderen Anlässen selber in die Hand nahm. Das fotografische Element beflügelte mich in meiner Regiearbeit. Auch beim Schnitt mit der Cutterin Karina Ressler ist die Experimentierfreude groß, wenn die oszillierenden Bilder von Kamerafrau Eva Testor und meine, im Super 8 Stil eingefangenen, Super 16 Bilder aufeinander treffen und auf zwei verschiedene Erzähl- und Zeitachsen den Film zum Flackern bringen.
In Gedanken habe ich diesen Streifen von der Idee an immer auch ein bisschen für meine jetzt 17-jährige Tochter gemacht, die mit einem neuen Selbstverständnis in die Welt hinaus gehen wird, in der Frauen sich ihre eigenen Rollenbilder erschaffen bzw. neu aufgeflammte Stereotypen durchbrechen wollen. Dieser Film ist ein Wegweiser in eine (noch) utopische neue Welt, die keinen Geschlechterkampf mehr kennt, weil sie ihn überwunden hat, eine Welt, in der Männer und Frauen sich gegenseitig schätzen, unterstützen und gemeinsam an einer Vision und am Sound einer neuen gleichberechtigten Ära arbeiten.
Nicht zuletzt bedeutet mir der Film in musikalischer Hinsicht viel. Musikfilme oder Pop im Film haben mich schon seit jeher in ihren Bann gezogen. Zu erkennen, was für Lücken bezüglich weiblicher Performance nicht nur in Österreich vorhanden waren, gab den Ausschlag für diesen Film. Um so sinnvoller erscheint es mir Oh Yeah, She Performs! auf die Screens dieser Welt auszusenden, zu zeigen wie gelebt, gekämpft, gelacht, gesungen und performt wird in der schönsten Sprache, die ich kenne, in der Weltsprache Musik – von starken und selbstbestimmten Frauen mit Esprit, Gefühl und Witz. Danke an Clara, Eva, Teresa und Vera, die mit ihrer öffentlichen und privaten Person in diesen Film gegangen sind und mir/uns ihr Vertrauen geschenkt haben.
Wien, 23. Juni 2012